Überblick
Angefangen hat alles damit, dass die Ravensburger AG die Tochter Ravensburger Film und TV GmbH im Jahr 1999 an die Börse brachte und in RTV Family Entertainment AG umbenannte. Die Gesellschaft produziert und vertreibt bis heute Kinder- und Familienprogramme für Kino, Fernsehen und neue Medien. Zuerst als Star am Neuen Markt gefeiert, kam es wie bei so vielen Unternehmen in diesem Börsensegment: Die Blase platzte mit einem heftigen Knall. So wurde aus einem milliardenschweren Konzern innerhalb von Monaten ein Pleitekandidat.
Wie durch ein Wunder überlebte die AG, trotz Verlusten in dreistelliger Millionenhöhe. Gläubiger verzichteten auf ihre Forderungen und der Konzern wurde radikal gesund geschrumpft, eine neue Führung installiert, und schließlich verkaufte die Ravensburger AG ihre Anteile an einen privaten Investor: Stefan Piëch, den heutigen Vorstand der AG.
Und seither ist eigentlich alles gut: Die Firma wurde in Your Family Entertainment AG („YFE“) umbenannt, ist profitabel und schüttet neuerdings sogar Dividenden aus.
Neben der Produktion und Vermarktung von Unterhaltungsprogrammen für Kinder, Jugendlichen und Familien betreibt die Gesellschaft auch einen eigenen Fernsehsender, der im PayTV Bereich vieler namhafter Anbieter zu sehen ist, so z.B. bei Entertain der Deutschen Telekom, KABEL BW, und vielen anderen in der DACH Region. Die Investitionen in neue Inhalte sind moderat, es wird also vermieden, durch riskante Produktionen unnötig Geld zu verbrennen.
So ist YFE einer der größten Anbieter für familientaugliche Inhalte im TV-Bereich in Europa geworden. Aber ist ein Nischenmarkt in der Fernseh-Industrie überhaupt ein lohnendes Geschäft? Wenn man sich mal die Jahre nach Abschluss der Konsolidierung beschränkt, sieht man durchweg positive Ergebnisse, allerdings bei stark schwankenden Umsätzen:
Bei der YFE fallen jedes Jahr erhebliche sonstige betriebliche Erträge an, die nicht mit in den Umsätzen gezählt werden. Es handelt sich dabei hauptsächlich um Zuschreibungen auf das Filmvermögen, welches dann wiederum über einen längeren Zeitraum abgeschrieben wird.
Auffällig ist auch die im Vergleich zum Gewinn ungewöhnlich hohe Sonderdividende im Geschäftsjahr 2011. Mich wundert allerdings, dass in den letzten Jahre auch zwei Barkapitalerhöhungen durchgeführt wurden.
Stärken – Schwächen – Risiko – Potential
Stärken: Die YFE hat über die letzten Jahre bewiesen, dass das Geschäftsmodell funktioniert und nachhaltig Gewinne in der Entertainment-Branche erzielt werden können. Der jetzige Vorstand ist auf der einen Seite sehr vorsichtig und konservativ und tätigt keine gewagten Investitionen. Auf der andren Seite setzt er sehr stark auf die Trends der Zukunft, z.B. Video on Demand (VoD), oder IP-TV, also Fernsehen über das Internet. Mir persönlich gefällt auch die Firmenphilosophie, nur hochwertiges und größtenteils gewaltfreies Kinderprogramm anzubieten.
Die Bilanz sieht solide aus, wobei ich den Liquidationswert des Filmvermögens nicht einschätzen kann. Und das ist der größte Aktiv-Posten in der Bilanz. Die Schulden des Unternehmens sind durchaus vertretbar, die Eigenkapitalquote 2011 mit über 71% sehr solide.
Schwächen: Trotz Erschließung neuer Technologie und das frühzeitige Aufspringen auf Trends ist ein kontinuierliches Umsatzwachstum nicht festzustellen. Der Umsatz schwankt sehr stark, hauptsächlich getrieben von großen Lizenzdeals mit internationalen Fernsehsendern. Dazu kommt auch die Erkenntnis vieler Eltern, dass Fernsehen für Kinder eigentlich nicht gut ist. Und die Erkenntnis der Kinder, dass Spiele auf dem Handy, dem iPad oder der Xbox mehr Spaß machen als Fernsehen. Auch Youtube und das Internet generell ist mehr und mehr ernstzunehmende Konkurrenz zum klassischen Fernsehen, besonders da hier der Content meist kostenlos, oft illegal, angeboten und konsumiert wird.
Risiko: Derzeit wächst das Unternehmen hauptsächlich personell, nicht aber im Ergebnis. Hält dieser Trend langfristig an, könnte sich das Geschäftsmodell doch noch als nicht dauerhaft tragfähig erweisen. Ebenso könnte sich das Konsumverhalten generell weg vom Fernsehen und kostenpflichtigen filmischen Inhalten entwickeln, und YFE somit die Existenzgrundlage entzogen werden. Auch dass die Menschen in modernen Gesellschaften heute immer weniger Kinder bekommen (siehe Deutschland) sorgt für eher schrumpfende Märkte, wenn man sich auf genau diese Zielgruppe spezialisiert.
Potential: Noch ist Your Family Entertainment AG hauptsächlich in der DACH Region aktiv, lizensiert aber auch international. Durch konsequente Internationalisierung können noch erhebliche Potentiale gehoben werden.
Das Umfeld der Familienunterhaltung ist im Umbruch, und YFE setzt frühzeitig auf neue Trends. So werden neue Partnerschaften eingegangen, um z.B. den Kindern interaktive Geschichten auf Tablets bieten zu können.
Schon die Jüngsten wissen was sie wollen und sind ihren Lieblingen treu. Nicht umsonst wurde Mickey Maus eine Weltmarke, auch Krieg der Sterne hat weltweit die Kassen klingeln lassen. Auch wenn die Charaktere von YFE noch nicht ganz so bekannt sind, etliche haben es auch schon zu einem erheblichen Bekanntheitsgrad gebracht. Dadurch erhöhen sich die Nachfrage und damit die erzielbaren Preise von Nachfolgeproduktionen und Merchandising-Artikeln.
Insgesamt ist die Gesellschaft durch die geringe Größe, flache Hierarchien und ein junges, innovatives Team in der Lage, schnell auf neue Trends zu reagieren, und den etablierten, großen Playern in gewissen Nischen Marktanteile abzujagen. Bei der YFE wird viel experimentiert, und mit etwas Glück findet man vielleicht eine Goldader im Entertainment-Bereich.
Versuch einer Bewertung:
Das ist schwierig. Der Umsatz der letzten sieben Jahre schwankt in einer Bandbreite von 1,5 Millionen Euro bis 7,4 Millionen Euro. Das Ergebnis pro Aktie schwankt im gleichen Zeitraum zwischen 8 und 15 Cent. Also ist die Ertragskraft des Unternehmens deutlich konstanter als der Umsatz. Dummerweise ist die Tendenz beim Ertrag abnehmend, die beiden letzten Jahre wurden 8 Cent pro Aktie verdient, die beiden Jahre davor jeweils 9 Cent. Wenn man davon ausgeht, dass die Gesellschaft auch in Zukunft 8 Cent pro Aktie verdient, ist bei einem Kurs von 1,- Euro das KGV 12,5. Das wäre relativ fair, nicht zu günstig, und nicht zu teuer.
Wenn man die Bilanz ansieht, fällt eigentlich nur die größte Aktiv-Position ins Auge: Filmvermögen in Höhe von 15,8 Millionen Euro. An anderer Stelle im Geschäftsbericht steht, dass die Gesellschaft über einen Bestand von etwa 3500 Halbstundenprogrammen verfügt. Das macht nach Adam Riese einen Wert von 4500 Euro pro Halbstundenprogramm. Das scheint relativ günstig zu sein und liegt mit Sicherheit deutlich unter den Herstellungs- oder Anschaffungskosten. Andererseits könnte es sein, dass die Gesellschaft anerkennt, dass ein Großteil der Bibliothek nicht mehr verwertbar ist, sprich wertlos.
Insgesamt gehe ich davon aus, dass das laufende Geschäft so tragfähig ist, dass auch in der Zukunft Erträge in ähnlicher Höhe generiert werden können. Ich sehe ein Abwärtspotential bis ca. 50 Cent pro Aktie, wenn es zu einem drastischen Einbruch der Weltwirtschaft und an den Börsen kommt, oder zu drastischen Abschreibungen bei YFE auf das Filmvermögen, oder sonstigen dramatischen Einbrüchen in deren Geschäft. Dagegen sehe ich durchaus Potential für deutlich höhere Kurse, sollten sich die Weichenstellungen von YFE als richtig erweisen. Auch beim Abschluss von weiteren großen Lizenzabkommen könnte eine heftige Reaktion des Kurses erfolgen. Da können auch schnell 2 Euro drin sein.
Prognose
Das Jahr 2012 dürfte für YFE nicht so sonderlich gut gelaufen sein. Es wurden keine größeren Lizenzverträge vermeldet, und der Umsatz der ersten 9 Monate im Geschäftsjahr war mit 1,696 Millionen Euro rückläufig und eher am unteren Ende der langjährigen Bandbreite. Für das Jahr 2013 gehe ich von Umsätzen von 3 Millionen Euro und einem Ergebnis pro Aktie im Bereich von 7 bis 9 Cent aus. Das setzt voraus, dass es keine größeren Abschreibungen auf das Filmvermögen stattfinden. Ich gehe auch davon aus, dass es im laufenden Jahr keine riesigen Lizenzverträge abgeschlossen werden. Wenn doch, dann wäre hier noch erheblich mehr Umsatz und Ertrag möglich.
Fazit
Mir gefällt die hohe Ertragskraft des Unternehmens, die Umsatzrendite ist sehr beeindruckend. Ich bin ebenso beeindruckt, dass trotz heftiger Schwankungen beim Umsatz immer solide gewirtschaftet wurde, und die letzten 7 Jahre immer ein ordentlicher Gewinn vermeldet wurde.
Das Abwärtspotential sieht überschaubar aus, das Aufwärtspotential lässt sich nur schwer abschätzen. Trotzdem, bei einem Kurs von unter einem Euro würde ich einen Einstieg wagen. Das Potential nach oben scheint mir wesentlich größer zu sein, als ein möglicher Zusammenbruch des Aktienkurses.
Jahresabschluss 2012 ist da! Nur 2,5 Millionen Euro Umsatz, aber das Ergebnis liegt bei 8 Cent pro Aktie, und damit genau wie erwartet. Ich bin zufrieden. Und sollte mal meinen Artikel updaten.
Artikel wurde entsprechend aktualisiert.