Berliner Synchron AG

Überblick

Die Berliner Synchron AG synchronisiert Filme, und das schon seit 1949. Ganz einfach. Egal ob Kinofilme, TV-Produktionen und seit neustem auch Multimedia-Content und Corporate Media. Sie sorgen also dafür, dass wir die Filme wie Ice Age auch auf Deutsch sehen können, nicht nur im englischen Original.

Dazu braucht man einerseits hochwertige Technik, wie z.B. Aufnahme- und Mischstudios, als auch Personal, also die Sprecher. Da die Technik nicht mehr so eine riesige Eintrittsbarriere darstellt, ist die Synchronisationsbranche im Umbruch. Seit Jahren. Eigentlich könnte jeder mit einem Multimedia PC einen Film neu vertonen, nur nicht in der gewohnten Qualität. Daher leidet die gesamte Branche, und natürlich auch die Berliner Synchron unter starkem Kostendruck. Dazu kommt ein eher rückläufiges Marktvolumen, da die Menschen in Deutschland allgemein weniger ins Kino gehen, und auch der Kostendruck bei den Fernsehsendern steigt, die wiederum unter stagnierendem oder gar rückläufigen Werbeeinnahmen leiden.

Insgesamt ist das nicht gerade ein optimales Umfeld, um gute Geschäfte zu machen. Das erinnert mich irgendwie an die großen amerikanischen Fluglinien, die sich gegenseitig in den Konkurs gewirtschaftet haben. Auch die Berliner Synchron AG ist einer von wenigen großen Anbietern im Markt und arbeitet seit Jahren defizitär. Grafisch sieht die Vergangenheit wie folgt aus:

Profitabilität der Berliner Synchron AG

Bis einschließlich 2011 wirklich tiefrote Zahlen. Aber im Jahr 2011 schon deutlich besser als die vorherigen 4 Jahre. Die ersten drei Quartale von 2012 wurden sogar mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen! Sieht nach einem klassischen Turn-Around aus. Was hat sich denn in den letzten Monaten und Jahren konkret verändert?

 

  1. Partnerschaft mit Dubbing Brothers: Um als Überlebender aus der branchenweiten Konsolidierung hervorzugehen, wurde bereits Ende 2009 eine Partnerschaft mit der französischen Dubbing Brothers S.A.S. eingegangen. Bei dieser Transaktion wird Dubbing Brothers mit 10% zweitgrößter Aktionär der Berliner Synchron AG, wobei die Berliner Synchron AG die Münchner Niederlassung von Dubbing Brothers übernimmt.
  2. Übernahme der Münchner EDITION M GmbH: Dadurch erweitert die Berliner Synchron ihr Angebotsspektrum im Bereich der Postproduktion.
  3. Neue Geschäftsbereiche: Industriekunden und Untertitelung
  4. Restrukturierung mit Fokus auf Prozessoptimierung und Kostensenkung: Ende 2011 wurde eine Prozessgruppe ins Leben gerufen, die Potentiale zur Kostensenkung und Prozessoptimierung identifiziert, umsetzt und die Ergebnisse überwacht.
  5. Im Jahr 2012 wurde eine Bar- und Sachkapitalerhöhung durchgeführt, die die Eigenkapitalbasis stärkt.
  6. Mit Christoph Gerlinger wird der Vorstand um ein erfahrenes Mitglied erweitert. Herr Gerlinger war Gründer und bis vor kurzem Vorstandsvorsitzender der Frogster Interactive Pictures AG. Er hält bereits 4% der Aktien der Berliner Synchron und gibt sich vorerst mit einer nur mittleren fünfstelligen Jahresvergütung zufrieden.
  7. Der Vorstand hat angekündigt, die Immobilie des Firmensitzes in Berlin im Rahmen eines Sale-and-Lease-back zu veräußern. Durch diese Transaktion wären auf einen Schlag die erdrückenden Bankverbindlichkeiten getilgt.

Stärken – Schwächen – Risiko – Potential

Stärken: Die Berliner Synchron ist einer der größten und ältesten Player in der deutschen Synchronbranche. Das neue Management hat bereits einiges geleistet, und ist dem Turnaround schon sehr nahe gekommen. Da die Barkapitalerhöhung im Sommer 2012 zu 1,- Euro je Aktie vollständig von institutionellen Investoren gezeichnet wurde, lässt sich ableiten, dass einige große Investoren selbst bei einem Kurs von 1,- Euro je Aktie noch weiteres Potential sehen.

Schwächen: Es gibt berechtigte Zweifel, ob der Turnaround wirklich nachhaltig gelingt. Das bisher positive Ergebnis in 2012 wurde hauptsächlich durch einen Einmaleffekt verursacht.

Risiko: Durch die erfolgreiche Kapitalerhöhung besteht meines Erachtens keine unmittelbare Existenzgefährdung mehr. Jedoch ist die Eigenkapitalbasis immer noch schwach (das könnte sich allerdings nach erfolgreichen Verkauf der Firmensitz-Immobilie ändern), und die Ertragskraft des Unternehmens ist es auch noch, wenn man den einmaligen Sondereffekt in 2012 heraus rechnet.

Potential: Wenn das neue Management den Turnaround tatsächlich schafft, und die Schulden wie angekündigt durch den Verkauf der Berliner Immobilie tilgen kann, wäre die Bewertung der Aktie günstig und könnte deutlich ansteigen. Interessanter ist jedoch, dass die Berliner Synchron wahrscheinlich zu den Profiteuren der Branchenkonsolidierung gehören wird. Wenn nur wenige Wettbewerber übrigbleiben, werden Umsatz und Gewinn deutlich steigern. Außerdem scheint mir die Strategie, konsequent neue Geschäftsbereiche zu erschließen, auch interessant.

Versuch einer Bewertung:

Wenn ich den Umsatz der ersten drei Quartale auf das Gesamtjahr hochrechne, komme ich bei einem Aktienkurs von 80 Cent auf ein KUV von 0,33. Das ist günstig. Da das Jahresergebnis hauptsächlich von einem größeren Einmaleffekt geprägt sein wird, ist eine Bewertung mittels KGV derzeit nicht aussagekräftig.

Wenn man alleine das KUV zugrunde legt, wäre ein KUV von 1 für ein solide finanziertes, hochprofitables und stark wachsendes Unternehmen angebracht. Leider ist die Berliner Synchron weit davon entfernt

Jedoch halte ich ein KUV von 0,5 mittelfristig auch für die Berliner Synchron für angemessen, wenn der Turnaround weiter voranschreitet. Somit wären Kurse von ca. 1,20 Euro möglich, wenn man vom heutigen Umsatzniveau ausgeht (ca. 8 Mio. Euro pro Jahr).

Prognose

Für das Jahr 2013 gehe ich von Umsätzen von ca. 10 Mio. Euro und einem positiven Jahresergebnis aus. Spätestens ab 2014 sollte der Turnaround nachhaltig abgeschlossen sein, und wenn man bei einem Jahresumsatz von 12 Mio. Euro und einer Umsatzrendite von 3% ausgeht, wären das immerhin 11 Euro Cent pro Aktie. Somit wäre eine Bewertung von deutlich über 1,- Euro pro Aktie angebracht. Bei einem KUV von 0,5 wären das immerhin Kurse von knapp 1,80 Euro, also etwa eine Verdoppelung. Zugegeben, das ist eine optimistische Prognose, die sich auch um das eine oder andere Jahr verzögern kann.

Fazit

Ich persönlich würde nur bei Kursen unter 90 Cent eine Spekulation eingehen, dass der Turnaround tatsächlich gelingt. Rückschläge, wie eine Verschlechterung des wirtschaftlichen Klimas in der DACH-Region, könnten unter Umständen an die Substanz des Unternehmens gehen. Eine drastische Unterbewertung kann ich derzeit nicht feststellen. Aber die Berliner Synchron hat sicherlich das Zeug für eine erfolgreiche Turnaround-Story und bleibt ganz sicher ein Top-Kandidat auf meiner Watchlist.

2 Gedanken zu „Berliner Synchron AG

  1. Berlin, 25.04.2013: Marcus Dröscher, seit 1.11.2011 kaufmännischer Leiter (CFO) der Berliner Synchron AG, wird Vorstand der Berliner Synchron. Der bisherige Vorstand Karlheinz Lubojanski hat das Unternehmen mit Wirkung zum 24.4.2013 verlassen. Über die Hintergründe dieses Wechsels ist noch nichts bekannt. Es tut sich was bei der Berliner Synchron.

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